Irgendwann war ich an dem Punkt angekommen, an dem ich mich fragte „Und nun, willst du das dein ganzes Leben lang machen? Für andere arbeiten, jeden Tag im Büro sitzen und irgendwie nichts so richtig leisten, außer mit dem Kopf?", …
Ich bin in einer Dachdeckerfamilie aufgewachsen. Meine beiden Uropas waren Dachdeckermeister, meine beiden Opas waren Dachdeckermeister und ihr ahnt es, meine Eltern sind ebenfalls Dachdeckermeisterin und Dachdeckermeister. Eigentlich gibt es mich nur, weil mein Vater der Dozent meiner Mutter auf der Meisterschule in Mayen war – man könnte sagen, da hat er den Lehrauftrag sehr genau genommen und direkt für Nachwuchs gesorgt.
Was mein Papa, der selbst Dachdeckermeister ist, nicht wissen konnte – ich sollte eine Tochter werden, die sich zunächst ausschließlich für das Tanzen, Ballett und den Kölner Karneval interessierte. Meine Mama hat mich in der Hinsicht immer unterstützt, wo es nur ging, hatte aber auch Mühe und Not, dass ich irgendwie noch meinen schulischen Verpflichtungen nachkomme. Papa hat das Ganze mit Fassung getragen und sich jeden Auftritt brav angeschaut. Papa, wenn du das hier liest – ich weiß, dass dir Fußball lieber gewesen wäre als Schwanensee ;) Danke!
Es stand jedoch immer ohne Zweifel fest, dass Tanzen keine Option als Beruf ist. Da waren meine Eltern eisern.
„Ich habe meine Schule sehr geliebt, aber auf das Leben danach war ich persönlich leider wenig vorbereitet."
Nach meinem Abi musste es also was „Ordentliches“ sein – natürlich ein Studium. Was sonst macht man mit Abi in der Tasche … und bitte nichts brotloses. Also, entschied ich mich nach langem Hin und Her, für ein Germanistikstudium mit dem Ziel Journalistin zu werden. Gesagt getan – eher halbherzig auf nach Bonn. Eingeschrieben, Studententicket, alles was man so braucht. Mit dem Ergebnis, dass ich nach geschlagenen drei Wochen zu der Erkenntnis kam „Mama, Papa, das breche ich ab – so wird das nichts mit meiner Zukunft, da sind nur Leute, die definitiv anders sind als ich.“. Schlicht und ergreifend – das war nicht meine Welt.
Uni, großer Hörsaal, Eigeninitiative, Selbstmanagement … kam ich doch von einem kleinen erzbischöflichen Gymnasium, das eher wie eine Käseglocke, seine Schüler vor der großen weiten Welt fernhielt und behütete. Ich habe meine Schule sehr geliebt, aber auf das Leben danach war ich persönlich leider wenig vorbereitet.
Studienabbruch – und dann?
Es musste also etwas Neues her. Tänzerin, by the way, durfte ich immer noch nicht werden. Ich machte mich also auf die Suche nach einer Möglichkeit, eine Nummer kleiner zu studieren, an die Hand genommener und verschulter. Die Lösung lag 300 m neben meiner alten Schule. Eine Fachhochschule. Ich meldete mich für den Studiengang Internationales Handelsmanagement im Dualsystem an. Das heißt, ich brauchte noch einen Ausbildungsplatz. Selbigen fand ich bei der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG, einer der größten deutschen Agrargenossenschaften, mit Sitz in Köln – und Domblick … was will man mehr.
Meine Zeit in der Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau und parallel mein Studium forderten mich sehr, aber ebenso sehr habe ich es auch genossen. Rückblickend habe ich hier das erste Mal für mich festgestellt, dass ich jemand bin, der Theorie und Praxis sofort kombinieren muss um, in welcher Sache auch immer, wirklich zu verstehen, wie es geht und was gemeint ist.
Zeitgleich tanzte ich immer noch und zwar mittlerweile da, wo ich immer hinwollte. In meiner absoluten Traumrolle im Kölner Karneval. Das kann man belächeln mit „Ach du bist Tanzmariechen… hier, die immer so ihr Bein hoch werfen …“, ja, genau – Tanzmariechen, die, die 3-mal die Woche á 2 Stunden trainieren und zusätzlich noch 2-3-mal die Woche laufen gehen, dehnen, Kraft und Spannung trainieren. Ja, genau - Tanzmariechen, die von Anfang Januar bis Aschermittwoch ca. 90 Auftritte haben und unterm Jahr jede Woche im Schnitt einen gesellschaftlichen Termin, den es wahrzunehmen gilt. Ja, genau, Tanzmariechen, die Frau, die in einer reinen Herrengesellschaft ihren „Mann“ steht ;) Das mache ich nun seit 11 Jahren, schätze mich jeden Tag dafür glücklich mir diesen Traum erfüllen zu dürfen und stelle immer wieder fest, dass es vielleicht mehr ist als nur ein Hobby, sondern, dass es wahre Leidenschaft und Herzblut ist… Dazu später mehr.
Nach meiner Zeit bei Raiffeisen kam ich über einige verschiedene Stationen in großen und kleineren Unternehmen irgendwann an den Punkt, an dem ich mich fragte „Und nun, willst du das dein ganzes Leben lang machen? Für andere arbeiten, jeden Tag im Büro sitzen und irgendwie so richtig nichts leisten außer mit dem Kopf?"… Das war für mich, als sehr bewegungsfreudigen Menschen, der gerne sieht was er leistet irgendwie unbefriedigend.
Aber, zum Glück spielt das Leben oft sein ganz eigenes Spiel. Manchmal versteht man es nicht auf Anhieb, aber meine Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll ist öfter mal in das Gute zu vertrauen und einfach zu machen. >> In meinem nächsten Beitrag erfährt du mehr.
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