Nun ist so viel Zeit, so schnell vergangen, dass ich bereits Dachdecker-Gesellin bin. Seit drei Wochen und ich kann es immer noch nicht glauben.

Natürlich wollte ich zu Beginn meiner Ausbildung viel öfter meine Erlebnisse und Erfahrungen mit euch teilen, aber es sollte nicht sein. Meine Ausbildungszeit war geprägt von Corona, Home-schooling, Organisation im Betrieb und einer besagten Hochwasserkatastrophe, die meine Eltern leider auch privat ereilte. Lange Rede kurzer Sinn, das Leben kam dazwischen, aber letztlich keine Ausreden das Erlebte einfach für mich zu behalten. Ich nehm euch also mit auf eine Reise zurück in die letzten 2 Jahre, in der Hoffnung, dass ich am Ende selber glaube, dass ich wirklich Dachdecker-Gesellin bin.
„...schnell war klar, dass ich wieder die Schulbank drücken werde, alleine zur Sicherheit, dass das „Leben“ nicht dazwischenkommt”
Eingeschult wurde ich, bzw. habe ich mich selber am 13.8.2020. Ich düste also in meinem Mini nach Euskirchen zum Thomas-Esser-Berufskolleg und lernte meine künftigen Lehrer/innen kennen.
Zu dem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob ich wirklich die Schulbank drücke, oder mir alles zuhause in Eigenarbeit selber aneigne. Das wäre möglich gewesen, da ich dank meines fortgeschrittenen Alters und ein paar anderer Abschlüsse nicht mehr beschulungspflichtig bin – was ich übrigens für ein sehr deutsches und bürokratiegetriebenes Wort halte. Es schwingt dabei nicht im Ansatz mit, dass Bildung hierzulande ein Geschenk ist, das mit Pflicht letztlich nicht wirklich viel zu tun hat … aber das nur am Rande.
Nach kurzem Gespräch mit meiner Klassenlehrerin im Nebenraum war schnell klar, dass ich wieder die Schulbank drücken werde, alleine zur Sicherheit, dass das „Leben“ nicht dazwischenkommt und ich feste Schultermine habe. Entschieden und besiegelt ging es also in unseren Klassenraum, der fortan mindestens an 2 Tagen die Woche meinem geliebten Büro den Rang ablaufen sollte.
Ich vermute ja insgeheim bis heute, dass 90% meiner damaligen Klasse dachte, ich sei eine Referendarin. Belegt wurde meine These dann auch in den kommenden Wochen durch die nicht gerade zimperlichen Fragen, wie zum Beispiel „Ey krass, Junge, die kommt ja echt immer, aber die ist schon voll alt – was hat die denn bis jetzt gemacht Altaaa?!“.
Dazu muss ich erklären, dass ich schnell festgestellt habe, dass Fragen bei der Generation nach mir scheinbar nie an einen persönlich gerichtet werden, eher passiv in der Fragestellung sind und mindestens ein „Ey“, „Junge“, „Digger“oder „Altaa“ enthalten müssen – man höre, staune und lerne. Ich war oftmals froh, dass mein, doch ein paar Jahre jüngerer Lehrer für „Steildach“ auch selber ab und an Probleme mit dem Verständnis und der Dechiffrierung der verwendeten Jugendsprache hatte und wir uns ab und an nur mit großen Augen fragend anschauten, mit dem Ergebnis, dass wir vermutlich das Richtige aus dem gesprochenen Wort vermuten verstanden zu haben.
Nachdem ich meine Geschichte also ca. 10-20 mal aufgrund von Fragen, die als Aussagen getarnt waren erklärt hatte, hat dann auch der letzte geglaubt, dass ich ernsthaft einfach eine Klassenkameradin bin, die die Nummer mit dem Handwerk lernen möchte … Zum äußeren Zeichen und dem Untermauern dieser Tatsache bekam ich an besagtem Einschulungstag von Mama und Tante eine Schultüte – und Schwupps, glaubte ich mir selber, dass ich mich grade eingeschult hatte.
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